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Ungarn 2025 Teil 2, vom Jonathermalbad bis nach Tiszafüred

Tag 8



Heute war es endlich so weit – die sagenumwobene Puszta wartete auf uns. Diese weite, baumarme Graslandschaft im Osten Ungarns ist nicht nur die größte Steppenlandschaft Mitteleuropas, sondern auch ein echtes Natur- und Kulturerbe. Sie gehört zum UNESCO-Welterbe und ist eng mit der ungarischen Hirtenkultur verbunden. Schon bei der Planung unserer Reise hatten wir uns auf diesen Teil besonders gefreut – nun war es so weit.

Früh am Morgen machten wir Otto reisefertig, denn über 200 Kilometer lagen vor uns. Anfangs führte die Strecke noch durch vertraute Getreidefelder und beeindruckende Sonnenblumenmeere. Doch je weiter wir ostwärts fuhren, desto mehr veränderte sich die Landschaft. Die Felder wurden seltener, Bäume traten zurück, und wir sahen zum ersten Mal die charakteristischen weiten Grasebenen, die bis zum Horizont zu reichen schienen. Es war ein bisschen wie in einer anderen Welt – ruhig, endlos und faszinierend schlicht.



Unser Ziel war der Hortobágy Nationalpark – das Herzstück der Puszta. Er ist der älteste und größte Nationalpark Ungarns und umfasst rund 82.000 Hektar. Hier leben noch heute seltene Tierarten wie der Großtrappen-Vogel oder Przewalski-Pferde, und auch Wasserbüffel, Graurinder und Zackelschafe gehören zur Szenerie. Die Region wird zudem seit Jahrhunderten traditionell bewirtschaftet – mit Hirten, Ziehbrunnen, Pferdekutschen und Csikós-Reitern, die die ungarische Cowboytradition lebendig halten.

In Máta, einer kleinen Ortschaft mitten im Nationalpark, machten wir Halt beim Besucherzentrum. Dort holten wir uns alle Infos für unsere morgige Safari durch die Puszta. Eine Geländewagentour sollte uns zu den entlegeneren Gebieten des Parks bringen, wo Tiere in freier Wildbahn leben. Die Entscheidung fiel leicht – das machen wir morgen.

Nach einer netten Beratung fragten wir noch nach einer Übernachtungsmöglichkeit und bekamen den Tipp für einen kleinen Campingplatz gleich ums Eck. Perfekte Lage, ruhige Atmosphäre und nur ein paar Meter vom Tourstart entfernt – was will man mehr?

Wir fuhren dorthin, suchten uns ein schattiges Plätzchen und machten es uns gemütlich. Viel mehr stand heute nicht auf dem Plan – außer ankommen, entspannen und ein bisschen die besondere Stimmung dieses Ortes aufsaugen. Wir kamen ins Gespräch mit einem sympathischen Ehepaar aus Lübeck, das mit uns auf dem Platz stand, und beobachteten amüsiert die vielen kleinen Wühlmäuse, die sich mutig durchs Camp schlichen – flinke, neugierige Tierchen, die für Unterhaltung sorgten.


So endete unser erster Tag in der Puszta – ruhig, weit, entschleunigt. Genau wie die Landschaft selbst.

Tag 9 - 10

Heute war es endlich so weit – die Safari durch die Puszta stand an. Früh am Morgen machten wir uns startklar, denn unser Plan war, zur ersten Tour um zehn Uhr zu gehören. Diese Strategie hatte sich auf unserer Reise schon mehrfach bewährt. Wer früh startet, sieht mehr und hat mehr Ruhe – das wollten wir auch hier wieder ausnutzen.

Also fix zusammengepackt, ein letzter Check in Otto, und schon rollten wir wieder zum Touristeninformationszentrum des Hortobágy Nationalparks. Dort angekommen, sicherten wir uns direkt die Tickets für den Bus, machten ein paar Fotos und kurz darauf saßen wir auch schon im kleinen Elektrobus, der uns in die Tiefen der ungarischen Steppe bringen sollte.






Nach etwa zehn Minuten Fahrt erreichten wir ein größeres Gebäude mitten im Schutzgebiet. Der Safari-Jeep stand schon bereit – die Vorfreude stieg spürbar. 



Noch ehe wir groß herumschauen konnten, wurden wir von einem freundlichen Park Ranger in Empfang genommen, der uns die wichtigsten Informationen über das Gelände gab, sogar auf Deutsch. Er erklärte, was uns in dieser Zone erwartete und welche Tiere wir mit etwas Glück zu Gesicht bekommen würden. Neben der Safari gab es hier auch Freigelände und Gehege, in denen
verschiedene Tierarten gezeigt wurden – einige leben heute noch in der Puszta, andere wurden früher hier gehalten oder sind wieder angesiedelt worden.


Eigentlich sind Zoos nicht so unser Ding, aber in diesem Kontext – eingebettet in ein Schutzgebiet – war das Ganze schon spannend.
Nach der Einführung fragte ich direkt nach der Safari, und wie vermutet, musste dafür noch ein separates Ticket gelöst werden. Kein Problem – das holten wir fix im Gebäude nach. Im Gebäude drin konnte man ausgestopfte Tiere, Skelette von Tieren und allerlei Wissenswertes bewundern. 







Eine weitere junge Frau gesellte sich zu uns, und gemeinsam warteten wir nun auf das nächste Kapitel unseres Abenteuers.



Kurz darauf war es so weit – der Safari-Jeep rollte an. Unser Fahrer, gleichzeitig auch Guide, begrüßte uns freundlich und wir kletterten in das robuste Fahrzeug. Die Sonne stand schon ordentlich am Himmel, die flirrende Hitze der ungarischen Tiefebene war deutlich spürbar. Doch kaum fuhren wir los, umfing uns die besondere Atmosphäre dieser einzigartigen Landschaft.

Die Puszta zeigte sich von ihrer eindrucksvollsten Seite: Weite Grasflächen, so weit das Auge reicht, in der Ferne waren vereinzelte Bäume und Gehöfte zu sehen. Die Steppe wirkte auf eine stille Art wild und zeitlos. 



Und dann – ein erstes Highlight. In der Ferne bewegte sich eine kleine Herde Wildpferde, die sogenannten Przewalski-Pferde. Diese Tiere sind echte Urpferde und gelten als die letzten ihrer Art, die nie mit domestizierten Pferden gekreuzt wurden. Sie waren jahrzehntelang fast ausgestorben, doch hier im Hortobágy Nationalpark gibt es seit vielen Jahren ein erfolgreiches Wiederauswilderungsprogramm.







Unser Guide erklärte uns, dass die Tiere ursprünglich aus der Mongolei stammen und durch ein internationales Schutzprojekt wieder in geeigneten Gebieten angesiedelt wurden. Der Hortobágy bietet mit seiner weitläufigen, ursprünglichen Landschaft perfekte Bedingungen. Die Tiere leben hier weitgehend unbeeinflusst von Menschen, es wird nur minimal eingegriffen – genau das macht diesen Ort so besonders.

Ein Stück weiter kamen wir wieder zu einer tollen Stelle – hier lebten die Auerochsen-Nachfahren, sogenannte Heckrinder. Die Brüder Heinz und Lutz Heck waren zwei deutsche Zoologen, die in den 1920er- und 1930er-Jahren berühmt (und teils auch umstritten) waren – vor allem durch ihre Versuche, ausgestorbene Wildtierarten "zurück zu züchten", darunter der Auerochse und das Tarpan-Wildpferd. Ihr gemeinsames Ziel war es, durch gezielte Kreuzung möglichst ursprünglicher Hausrinderrassen wieder ein Tier zu erschaffen, das dem ursprünglichen Auerochsen möglichst nahekommt – sowohl im Aussehen als auch im Verhalten. Der Auerochse (Bos primigenius) war das Urrind Europas und starb im 17. Jahrhundert aus.

Da es natürlich keine originalen Auerochsen mehr gab, benutzten sie robuste Rassen wie das Spanische Kampfrind, das Ungarische Steppenrind, Schottisches Hochlandrind und andere. Das Ergebnis ist das sogenannte Heckrind, das seitdem an verschiedenen Orten in Europa lebt – unter anderem auch im Hortobágy Nationalpark.


Diese mächtigen Tiere wirken fast wie aus der Zeit gefallen. Unser Guide erzählte, dass die Tiere wichtig für den Erhalt des Ökosystems sind – sie sorgen durch ihr Fressverhalten dafür, dass bestimmte Pflanzenarten nicht überhandnehmen und halten die Puszta offen.

Nach gut 30 Minuten kehrten wir zurück zum Informationszentrum – beeindruckt, aufgewärmt und erfüllt von einem echten Naturerlebnis. Die Puszta hatte sich uns von ihrer schönsten und ursprünglichsten Seite gezeigt. Ein bisschen fühlte sich das Ganze an wie eine Safari in Afrika – nur eben mitten in Europa.

Nach dem spannenden Safari-Teil ging es für uns am Infozentrum zu Fuß weiter. Der Pfad führte vorbei an verschiedenen Volieren und Freigehegen, die liebevoll angelegt und gut beschildert waren. Mit dem Geländeplan zur Orientierung ließen wir uns treiben und genossen die Ruhe und Weite dieses besonderen Ortes.


Gleich zu Beginn begegneten wir einer kleinen Eule, die uns mit ihrem durchdringenden Blick taxierte und uns zuzwinkerte. 

Kurz darauf glitt ein anmutiger Schwane elegant durch einen kleinen Teich, während in der Nähe eine Gruppe Gänse für ordentlich Stimmung sorgte. Die Geräuschkulisse wurde kurz darauf noch übertroffen – am Storchenteich, wo mehrere Weißstörche standen und sich in der Sonne räkelten. 




Ganz besonders gefielen uns die Pelikane, die mit ihren gewaltigen Schnäbeln sofort alle Blicke auf sich zogen. Diese waren hier früher auch heimisch gewesen und lebten jetzt an der Donaumündung in Rumänien.



Der Weg führte weiter zu einem Adler, der mit seiner würdevollen Haltung auf einem Ast thronte und das Geschehen beobachtete. gerade als wir ihn begutachteten flog er hoch in geriet in das Netz der Voliere. Es passierte ihm zwar nichts aber führte uns wieder vor Augen warum wir eigentlich keine Art dieser Tierhaltung mögen.

Noch einmal begegneten wir einer Eule, diesmal einer kleineren Art, die in einer schattigen Ecke fast übersehen worden wäre.

Dann kamen wir an einem leeren Wolfsgehege vorbei – wahrscheinlich war es ihm zu heiß und er schlief in seinem Bau. Doch es gab dort eine kleine Plattform mit Aussichtspunkt, von dem man einen herrlichen Blick über das Gelände hatte. Ein stiller, aber beeindruckender Moment.


Unten am Weg ging es weiter zu einem Goldschakal, der in der Mittagshitze dösend im Schatten lag. Kaum ein Laut war zu hören, nur das Rascheln des Grases im Wind. 


Ganz imposant war es dann bei den Geiern – mächtige Tiere, deren Kraft man aus nächster Nähe spüren konnte.


Den Abschluss bildete ein Bild wie aus einem Film: Oben auf dem Dach des Hauptgebäudes stand ein Storch, der wild mit dem Schnabel klapperte – als würde er die letzten Gäste verabschieden oder einfach nur das herrliche Wetter feiern.

Mit vielen Eindrücken im Kopf kehrten wir zurück zu Otto. Wieder einmal hatte sich der Besuch in einem Nationalpark mehr als gelohnt.


Da der Tag noch jung war, beschlossen Ela und ich, noch ein Stück weiterzufahren – unser Ziel: Tiszafüred, eine Stadt direkt am Theiß-See (Tisza-tó). Die Fahrt durch die weite ungarische Landschaft war entspannt, und gegen Nachmittag erreichten wir unser Ziel.

Die Stadt liegt am größten künstlich angelegten See Ungarns, dem Tisza-See, und gilt als Zentrum des Öko- und Aktivtourismus in der Region. Besonders beeindruckend ist das riesige Wassernetz mit Inseln, Sümpfen und Seitenarmen, das sich wie ein Labyrinth durch die Landschaft zieht. Ideal für Naturfreunde, Paddler und Vogelbeobachter.

Ein erster Campingplatz, den wir über Park4Night gefunden hatten, sagte uns allerdings nicht so zu. Zu voll, zu laut, einfach nicht unser Stil. Also nochmals die App gezückt – und ein neuer Treffer: Dieter’s Camping, ein kleiner Platz etwas abseits vom Trubel.

Als wir dort ankamen, wussten wir sofort: Volltreffer. Ruhig gelegen, überschaubar, liebevoll geführt – genau das, was wir suchten. Otto wurde abgestellt, die Stühle rausgestellt, Füße hochgelegt. Der perfekte Ort zum Durchatmen.

Nach den vielen Eindrücken der letzten Tage ließen wir es heute ganz ruhig angehen. Keine großen Pläne, kein Zeitdruck – einfach mal treiben lassen. Der Tag begann mit einem kleinen Highlight direkt auf dem Campingplatz: ein Markt mit regionalen Produkten. Zwischen duftenden Würsten und gereiften Käsesorten fand ich so einiges, das später auf unseren Campingtisch wandern durfte. Ungarische Hausmannskost ganz ohne Supermarkt – das lieben wir.

Nach dem Einkauf legte ich noch eine kleine Krafttrainingseinheit ein. Ein bisschen Bewegung muss sein, auch auf Reisen. Danach unternahmen Ela und ich einen Spaziergang entlang der Uferlandschaft. Die Mischung aus See, Fluss und Schilfzonen ist wirklich etwas Besonderes – wie gemacht für einen entspannten Nachmittag in der Natur. Alles wirkte friedlich und leicht verträumt. Trotzdem merkten wir, dass uns heute die Motivation für größere Unternehmungen fehlte. Vielleicht war einfach mal wieder ein Pausentag dran.

Direkt neben dem Campingplatz lag zwar das Thermalbad von Tiszafüred, aber die durchweg schlechten Bewertungen hatten uns schon im Vorfeld die Lust darauf genommen. Schade eigentlich, denn normalerweise sind Thermalbäder ja fest in unseren Reiseplan integriert.

Gegen Nachmittag traf dann auch das sympathische Paar aus Lübeck auf dem Platz ein, mit dem wir uns schon in Hortobágy gut unterhalten hatten. Natürlich war schnell wieder ein nettes Gespräch im Gange – Geschichten, Erfahrungen und ein bisschen Camping-Philosophie inklusive.

Und so ließen wir den Tag ganz ruhig ausklingen. Kein Programm, kein Stress – einfach das Hier und Jetzt genießen. Morgen wartet wieder ein Stück Neuland auf uns: Es geht über Eger hoch in die nordungarischen Berge. Wir sind gespannt, was uns dort erwartet.