Tag 1
Zuerst ging es nach Labin, wo wir noch ein paar Kleinigkeiten einkauften. Dann weiter Richtung Süden, nach Krnica – ein verschlafenes Örtchen in der Nähe der Küste.
Als wir ankamen, wurden wir mit großer Freude empfangen. Sabines Partner Jochen lernten wir zum ersten Mal persönlich kennen, und ihre Tochter – kaum zu glauben, wie groß sie mittlerweile ist! Mit dabei war auch ein befreundetes Pärchen und deren Tochter, die ich noch aus alten Zeiten im Hotel Seminaris kannte. Wie schön, wenn sich plötzlich Kreise schließen.
Die Gespräche flossen leicht – alte Geschichten, neue Entwicklungen, ein bisschen Klatsch und viel Lachen. Es fühlte sich an wie ein kleines Familientreffen mitten in Istrien. Nach zwei lebhaften Stunden drängte dann doch der Zeitplan ein wenig: Slowenien war für heute noch das Ziel, und es lag noch ein gutes Stück Weg vor uns.
Dank gut ausgebauter Straßen kamen wir zügig voran und erreichten bald darauf Slowenien. Der Grenzübertritt verlief ganz unkompliziert – wie zu erwarten bei einer innereuropäischen Grenze. Kein Stopp, kein Warten, einfach weiterrollen. Einmal mehr spürte man, wie angenehm das Reisen innerhalb Europas sein kann.
Kurz nach dem Grenzübertritt nach Slowenien wurde es Zeit, nach einem passenden Stellplatz Ausschau zu halten. Wie so oft griffen wir auf Park4Night zurück – eine echte Hilfe für alle, die gern spontan unterwegs sind. Vor ein paar Tagen hatten wir uns über ChatGPT einige lohnenswerte Ziele in Slowenien empfehlen lassen. KI und Reiseplanung – das funktioniert tatsächlich erstaunlich gut.
Unser erstes Etappenziel für den kommenden Tag war die berühmte Škocjan-Höhle. Also suchten wir nach einem Stellplatz in ihrer Nähe und steuerten einen Parkplatz an, auf dem bereits ein stattliches Concorde-Wohnmobil stand.
Kaum ausgestiegen – die erste Zigarette nach der Fahrt war gerade angezündet – kamen wir mit dem Pärchen ins Gespräch, dem das Fahrzeug gehörte. Schnell stellte sich heraus: Die beiden hatten einen platten Reifen. Und da es Samstagnachmittag war, war weit und breit keine Hilfe in Sicht.
Lange Rede, kurzer Sinn: Ich packte mit an. Gemeinsam fanden wir schließlich einen nahegelegenen Stellplatz, den wir dann kurzerhand zusammen ansteuerten. Es war klar dass wir dann den Abend zusammen verbrachten und ich das eine oder andere Belohnungsbier trinken durfte.
Tag 2
Da wir bereits Online-Tickets für die 11-Uhr-Tour hatten, mussten wir nur noch etwas Zeit überbrücken. Diese nutzten wir für einen Besuch im kleinen, aber informativen Museum direkt am Eingang. Dort bekamen wir einen spannenden Einblick in die Geschichte der Höhlenforschung sowie die geologische Entstehung der Škocjan-Höhle.
Die Höhle selbst gehört zum UNESCO-Weltnaturerbe und beeindruckt vor allem durch ihre gewaltigen Dimensionen. Der unterirdische Fluss Reka hat im Laufe von Jahrtausenden riesige Hallen und tiefe Schluchten geschaffen – darunter die sogenannte „Martelhalle“, eine der größten unterirdischen Hallen Europas. Die Kombination aus Tropfsteinen, Schluchten und dem donnernden Fluss macht den Besuch zu einem echten Erlebnis.
In der Broschüre, die wir am Eingang erhalten hatten, waren drei Routenvorschläge eingezeichnet. Wir entschieden uns im Vorfeld für Route drei – die längste, aber laut Beschreibung auch die schönste Tour. Pünktlich um 11:00 Uhr begann unsere Führung mit einem Guide.
Zunächst ging es zu Fuß oberirdisch durch eine malerische Karstlandschaft bis zum Höhleneingang. Dann tauchten wir ein in die beeindruckenden Unterwelten der Škocjan-Höhle. Leider war das Fotografieren – wie so oft – nicht erlaubt. Trotzdem hoffte ich, heimlich ein paar Eindrücke festhalten zu können.
Die Tour führte uns tief hinab in das unterirdische Flusssystem der Reka, die in der Nähe des Eingangs verschwindet und mehr als 30 Kilometer unterirdisch weiterfließt. Gleich zu Beginn durchquerten wir mehrere Tropfsteinhallen mit beeindruckenden Stalaktiten und Stalagmiten.
Danach wurde die Szenerie dramatischer: Die Wege führten an steilen Felswänden entlang, über schmale Pfade und durch hohe, Schlucht artige Gänge.
Besonders atemberaubend war die sogenannte Martelhalle, benannt nach dem französischen Höhlenforscher Édouard-Alfred Martel. Mit über 140 Metern Höhe, 120 Metern Breite und fast 300 Metern Länge zählt sie zu den größten unterirdischen Hallen Europas. Man fühlt sich darin fast winzig – als würde man durch den Innenraum einer Kathedrale aus Stein gehen, nur noch gewaltiger und feuchter, begleitet vom donnernden Rauschen des Flusses tief unter einem.
Ein weiteres Highlight der Route war die Brücke, die in schwindelerregender Höhe über die Schlucht gespannt ist. Von dort hatte man einen faszinierenden Blick in die Tiefe – Nebelschwaden zogen über das Flussbett, Tropfen fielen von der Decke, und alles hallte in endlosen Echos wider. Auch sehr cool war der alte Touristenpfad dem man an der gegenüberliegenden Felswand sah. Dieser wurde früher mit Fackeln begangen, Adrenalin pur.
Die Temperatur in der Höhle lag konstant bei etwa 12 Grad – eine angenehme Abkühlung nach der Wärme draußen, aber durchaus frisch, wenn man länger unterwegs ist. Die gesamte geführte Tour dauerte etwa 1,5 bis 2 Stunden. Die Höhle war eigentlich nur auf dem Weg erleuchtet, nur ab und zu strahlte ein Scheinwerfer in die Tiefe. Alles zusammen ein wahrlich ein beeindruckendes Szenario.
So liefen wir dahin, staunten immer wieder aufs Neue – und während der gesamten Tour hatte man buchstäblich Gänsehaut. Die gewaltigen Dimensionen, die Geräuschkulisse des Flusses und das Spiel von Licht und Schatten erzeugten eine fast mystische Stimmung. Irgendwann tauchte in der Ferne ein schwacher Lichtschein auf: Das Ende der geführten Tour rückte näher. Doch da wir uns für Route 3 entschieden hatten, bedeutete das noch lange nicht das Ende unseres Ausflugs.
Besonders beeindruckend war die Aussicht auf die Große Doline, ein riesiger, eingestürzter Bereich mit fast senkrechten Wänden, in dem sich die Natur langsam ihr Terrain zurückholt – überall Moos, Bäume, Vogelrufe.
Der Weg schlängelte sich weiter bergauf und bergab durch den Nationalpark, begleitet von Infotafeln zur Geologie, Flora, Fauna und Geschichte des Gebietes. Der Weg führte über Brücken, kleinen Höhlen, Wasserfällen, vorbei an steilen Felswänden und immer wieder zu beeindruckenden Aussichtspunkten. Von dort konnte man teils weit in die Dolinen – also eingestürzte Höhlenbereiche – blicken und die gewaltige Dimension des Höhlensystems auch von außen erfassen.
Eine weitere 400 Meter lange Höhle war auch noch auf der Tour, praktisch die kleine Schwester der großen Höhle, Herz was willst du mehr.
Am Ende des Rundwegs kamen wir wieder beim Besucherzentrum an – mit müden Beinen, aber einem Kopf voller Eindrücke. Da wir keine heute Lust mehr hatten noch großartig zu fahren und uns einen neuen Übernachtungsplatz zu suchen, fuhren wir einfach zurück zum alten Stellplatz.
Tag 3
Nach einer geruhsamen Nacht ging es weiter zu zwei der spektakulärsten Orte Sloweniens: Der mystischen Predjama Burg und der atemberaubenden Postojna Höhle. Zwei Welten, die unterschiedlicher kaum sein könnten, und doch durch jahrhundertealte Karstlandschaft miteinander verbunden sind. Diesmal verabschiedeten wir uns jetzt definitiv von dem Pärchen mit der Reifen Panne, die heute zwei neue Reifen für ihr Fahrzeug bekommen sollten.
Die Fahrt durch die grün-hügelige Landschaft war schon mal vielversprechend. Je näher wir kamen, desto dramatischer wurden die Felsen – und dann tauchte sie auf. Die Predjama Burg, halb Burg, halb Höhle, thronte in einer schroffen 123 Meter hohen Felswand wie ein verstecktes Verlies aus einem Fantasy-Roman. Die Predjama Burg ist im Guinness Buch der Rekorde, als größte Höhlenburg der Welt, eingetragen. Wir parkten unseren Otto und schon machten wir uns auf Erkundungstour. Ich hatte für beide Sehenswürdigkeiten schon im Vorfeld online Karten gekauft.
Die Burg wurde erstmals 1274 erwähnt, damals noch als gotisches Gebäude. Im 15. Jahrhundert wurde sie zum Versteck des berühmtesten slowenischen Ritters: Erazem Lueger, auch bekannt als Erazem von Predjama. Ein rebellischer Adliger, der sich gegen den Habsburger Kaiser stellte und angeblich ein echter Gentleman-Gauner war – eine Art slowenischer Robin Hood.
Laut Legende wurde Erazem in der Burg monatelang belagert, doch er überlebte dank eines geheimen Tunnels, der ihn mit Lebensmitteln aus einer benachbarten Höhle versorgte. Er soll sogar während der Belagerung Kirschen gegessen haben – mitten im Winter. Erst ein Verräter verriet, wann er sich im Abort aufhielt – und genau dort traf ihn eine Kanonenkugel. Dramatisch bis zum Schluss.
Wir gingen langsam auf den Burgeingang zu. Links plätscherte ein kleiner Bach, rechts führte ein Pfad den Hang hinunter – dort, so erfuhren wir später, beginnt im Sommer die Tour durch das unterirdische Höhlensystem der Burg.
Das Burgtor war schlicht, aber mächtig – die Tür schwere Holzbalken, eiserne Beschläge. Über uns ragte die Burg in mehreren Etagen aus dem Fels. Der Bau hatte etwas Unwirkliches – nicht nur, weil er sich an den Stein anschmiegte, sondern weil er halb Natur, halb Architektur war.
Die Burg war wundervoll restauriert – das fiel uns sofort auf. Alte dicke Steinmauern und knarzende Holzböden wechselten sich mit liebevoll hergerichteten Ausstellungsräumen ab. Ela und ich schlenderten gemütlich durch die Etagen, ließen uns Zeit, berührten die kühlen Wände, schauten neugierig durch schmale Fenster auf das Tal unter uns. In jedem Raum gab es kleine Tafel die einem das Wesentliche erläuterten.
In jedem Raum spürte man die Geschichte, doch am beeindruckendsten war immer wieder der Moment, in dem Architektur und Natur nahtlos ineinander übergingen.
Auch sehr beeindruckend war der hintere Teil der Burg, wo das Gebäude, über eine unscheinbare Tür, direkt in die natürliche Höhle überging. Hier verschmolz Architektur mit Karstlandschaft. Wir standen mitten im Felsen – kein Dach, kein Boden, einfach Natur. In diesem Bereich befand sich auch der Geheimtunnel des Burgherrn.
Nachdem wir die Burg ausgiebig bestaunt hatten war es dann an der Zeit unseren Besuch hier zu beenden und uns in Richtung der Postojna Höhle auf den Weg zu machen. Der Start unserer Tour war 13:00 Uhr. Hier war alles strengstens getaktet. Schnell war Otto auf seinem Parkplatz wieder erreicht und los ging es.
Nach einer kurzen Weiterfahrt durch dichte Wälder und kleine Dörfer kamen wir an der Postojna Höhle an – einem der größten Touristenmagnete Sloweniens und eines der ältesten touristischen Höhlensysteme der Welt. Schon 1818 wurde sie erstmals offiziell erschlossen, und bereits 1872 verkehrte hier die erste unterirdische Eisenbahn.
Das Erste, was uns bei der Ankunft in Postojna auffiel, war der voll belegte Parkplatz. Es herrschte reger Betrieb, Besucher aus aller Welt strömten über das Gelände.
Wir gingen durch einen gepflegten Park in Richtung Eingang. Die Anlage war großzügig und modern – ein deutlicher Kontrast zur Abgeschiedenheit der Burg Predjama. Vor dem Höhleneingang herrschte ein eifriges Gedränge, Menschen standen in Gruppen beisammen, Schilder wurden hochgehalten, Lautsprecherdurchsagen hallten über den Platz
Rundherum hatte sich in den letzten Jahren viel verändert: Es gab mittlerweile ein großes Hotel, zahlreiche Souvenirläden und Gastronomiebetriebe. Alles wirkte durchdacht und auf große Besucherzahlen ausgelegt.
Ich erinnerte mich daran, vor 25 Jahren schon einmal hier gewesen zu sein. Damals war ich noch jung, aber die Erinnerung an den Ort war geblieben – wenn auch vage. Von all den heutigen Einrichtungen wusste ich nichts mehr. Ich konnte mich nur an den eigentlichen Aufgang zur Höhle erinnern – dieser Teil wirkte noch vertraut. Alles andere hatte sich verändert.
Da wir, wie eigentlich immer, etwas zu früh dran waren, genehmigten wir uns zunächst einen Kaffee in einem der Cafés nahe des Eingangs. Wir saßen entspannt in der Sonne und beobachteten das bunte Treiben um uns herum.
Ich hatte mich im Vorfeld informiert und wusste, dass unser Boarding – ein fast amüsanter Begriff in diesem Zusammenhang – für 12:45 Uhr angesetzt war. Die eigentliche Tour sollte um 13:00 Uhr mit der Zugfahrt beginnen.
Pünktlich machten wir uns auf den Weg zum Einstieg. Die Organisation war effizient, alles lief geordnet ab.
Ein besonders faszinierender Moment der Tour war die Begegnung mit einem der wohl bekanntesten Bewohner der Postojna-Höhle: Dem Grottenolm. In einem schummrig beleuchteten Bereich hinter Glas konnte man diese seltsam anmutenden, blassen Amphibien beobachten. Der Grottenolm lebt ausschließlich in unterirdischen Gewässern, ist blind und kann bis zu 100 Jahre alt werden. Seine Fähigkeit, jahrelang ohne Nahrung zu überleben, machte ihn einst zu einem mystischen Wesen – man hielt ihn früher sogar für den Nachwuchs eines Drachen.
Nach dem Rundgang brachte uns der Zug auf demselben Weg zurück ans Tageslicht. Der Übergang aus der kühlen, stillen Tiefe in das geschäftige Treiben draußen war deutlich spürbar.
Postojna hatte sich verändert, keine Frage. Doch das Innere der Höhle hatte nichts von seiner Wirkung verloren. Es war noch immer ein Ort der Stille, der Zeitlosigkeit und des Staunens.
Noch völlig geflasht von dem Erlebten liefen wir gemütlich zu Otto und machten uns auf den Weg zur kleinen Ortschaft Stari Trg pri Ložu, da dort eine weitere Höhle lag, die wir am nächsten Tag besuchen wollten. Die Križna-Höhle sollte unsere letzte Höhle in Slowenien sein.
Im Internet hatten wir gelesen, dass die Tour dort nicht so überlaufen sein soll. Besonders faszinierend klang, dass die Höhle nicht ausgeleuchtet ist und man sie mit Stirnlampen und einem Schlauchboot erkundet. Die Vorstellung, über einen unterirdischen See zu gleiten, war gleichermaßen spannend wie ungewöhnlich.
Da die Höhle praktischerweise direkt auf dem Weg zu unserem Stellplatz lag, hielten wir kurz an, informierten uns vor Ort und buchten die zweistündige Tour für den kommenden Tag.
Danach ging es zum Stellplatz. Der Tag war voll mit Eindrücken, die erst einmal verarbeitet werden wollten. Wir hatten jetzt definitiv „fertig“ für heute – aber im allerbesten Sinne.