Tag 7-8
Die Wettervorhersage für heute sollte sich bewahrheiten. Es regnete durch die Nacht, beim aufstehen und während unserer Fahrt in Richtung Ohridsee. Schon Morgens hatte uns ein Stellplatz Nachbar ein bisschen in Unruhe gebracht als er uns fragte wohin wir wollten, ich ihm das Ziel sagte und er meinte ob wir uns sicher wären dass die Straße mit unserem Otto befahrbar wäre. Wie immer ließen wir es einfach mal drauf ankommen und fuhren los.
Die SH 75 schlängelte sich herrlich durch die Berge und war absolut traumhaft zu fahren. Der neue Fahrbahnbelag zeigte uns dass die Straße vor nicht allzu langer Zeit komplett gerichtet wurde. Also war die anfängliche kurze Unsicherheit schnell verflogen.
Der heutige Fahrplan sah vor, nicht ganz bis zum Ohridsee zu fahren sondern einen Stopp in Korca einzulegen. Dort gab es die Korca Brauerei und das dazugehörige Restaurant mit Biergarten für den Sommer. Im Internet hatte ich gelesen dass sowohl das Bier als auch das essen dort köstlich sein sollte und dass zu einem unschlagbaren Preis. Also parkten wir in der Nähe der Brauerei am Straßenrand, machten eine kleine Nachmittagspause und gingen dann dorthin zum Abendessen. Einfach nur köstlich.
Die Nacht verbrachten wir geschickter Weise einfach an der Stelle wo Otto geparkt war. Am nächsten Tag wurde die Fahrt fortgesetzt. Zunächst kauften wir in einem Supermarkt noch Lebensmittel und Getränke ein um anschließend relativ schnell, auf einer wirklich tollen Straße, die E 86, den Ohridsee zu erreichen. Der Ohridsee gehört zu den ältesten Seen Europas, hat beachtliche 288 Meter Tiefe und gehört sowohl zu Albanien als auch zu Nord Mazedonien. Unterirdisch ist der Ohridsee mit dem Prespasee verbunden.
Dort wurde das Örtchen Udenisht mit seinem Campingplatz Peshku angefahren. Diesen hatten uns Hans und Anette, aus Karlsruhe, empfohlen die wir auf dem Platz in Ksamil kennen gelernt hatten. Der Empfang dort war sehr freundlich und der Platz einfach herrlich. Mittlerweile hatte es auch aufgehört zu regnen und die Sonne ließ sich sehen, jedoch wehte ein kühler Wind. Eine weitere Besonderheit dieses Platzes war dass es eine Openair Küche gab wo einem fangfrischer Fisch aus dem See zubereitet wurde. Der restliche Tag wurde mit trainieren und lesen verbracht.
Der Morgen begann mit blauem Himmel und herrlichstem Sonnenschein wobei es dennoch ziemlich kühl war. Unsere Gastgeberin hatte uns gestern erzählt dass die momentanen Temperaturen absolut nicht normal wären für diese Jahreszeit, es sei viel zu kalt. Ich schnappte mein Fahrrad um das Städtchen Pogradec zu erkunden. Ela hatte keine Lust dazu, ihr war es zu kalt und so fuhr ich mal los.
Auf der Strecke nach Pogradec fiel mit wieder die Anzahl der Daimler auf, die hier in Albanien unterwegs waren. Das war wirklich der Wahnsinn. Also ohne Übertreibung ist hier jedes 2-3 Fahrzeug ein Daimler und zwar alle Typen und Baujahre. Am stärksten vertreten sind die E-Klasse Modelle die hier komischer Weise viel weniger rostig sind als in Deutschland.
An einem Lost Place, eine alte verlassene Mine, plauderte ich eine Zeit lang mit einem älteren Mann welcher an der Straße Fische verkaufte. Dieser meinte Deutschland sei so toll und in Albanien würde man viel zu wenig verdienen. Das mag wohl stimmen.
Nachdem Gespräch setzte ich meine Fahrt fort, Genoss die Natur und kam schließlich in Pogradec an. Dort fuhr ich zunächst an der Uferpromenade entlang, sehr hübsch. Ein gepflegter Park, tolle Hotels sowie Bars und Restaurants und natürlich jede Menge Daimler 😎
An einem Kaffee machte ich einen Stopp, trank etwas und unterhielt mich mit einem jüngeren Albaner. Dieser wollte auch nach Deutschland um zu arbeiten und er sagte mir dass dies kein Problem sei, da es mit Deutschland ein Abkommen geben würde. Da muss ich mich mal schlau machen. Da Albanien nicht in der EU ist dachte ich eigentlich dass es nicht ganz so einfach sein würde.
Nachdem ich genug geplaudert und gesehen hatte, wurde die Rückfahrt angetreten. Wiederum war ich von der Natur hier absolut begeistert. Unterwegs konnte man auch ein Überbleibsel des Diktators Enver Hodscha begutachten, der fast 40 Jahre Albanien fest in seiner Hand hatte. Es war ein Bunker, der Liebe Enver leidete unter einer Paranoia und lies in ganz Albanien unzählige Bunker bauen.
Wieder bei Ela angekommen machten wir zunächst ein Mittagspäuschen. Anschließend war Krafttraining angesagt. Irgendwie kam mir während des Trainings und dem Anblick des Sees das Balaton schwimmen in Ungarn in den Sinn. Dieses wollte ich in jungen Jahren schon mal schwimmen, 5,2 Kilometer durch den Plattensee, fand aber nie die Zeit dazu. Da Ungarn auf unserer Fahrt in Richtung Deutschland eh unser Ziel gewesen war, meldete ich mich nach unserem leckeren Fischabendessen doch einfach mal zu diesem Schwimmen an.
Das Fischessen hier war ebenfalls eine Empfehlung von dem Paar aus Karlsruhe gewesen und der Camping war für sein Fischrestaurant weithin bekannt.
Tag 10
Nach einem Pläuschen und Reiszielaustausch mit Hardy, einem Mann aus Winnenden den wir gestern kennen gelernt hatten, wurde Otto Reise fertig gemacht und schon ging es los in Richtung Elbasan. Dort gab es einen Campingplatz mit Camperwerkstatt der bei vielen Reisenden in Albanien sehr bekannt war. Sein Besitzer, Albin, hatte 25 Jahre in Bayern gelebt und sprach ein gutes Deutsch. Dort sollten Ottos Bremsen mal begutachtet werden. Die waren zwar in Portugal noch gut gewesen jedoch hatte ich das Gefühl dass der Druckpunkt schwammig geworden war und in der Zwischenzeit hatten wir ja auch mehr als 20000 Kilometer heruntergespult.
Auf einer Anhöhe hatte man nochmals einen schönen Blick auf den Ohridsee und konnte dort auch gut beobachten welchen Schwachsinn es doch manchmal gab. Vom Parkplatz konnte man auf Paintball Ziele schießen, was für ein Blödsinn!
Die weitere Fahrt ging wieder mal durch wunderschöne Landschaft und schon bald kamen wir am Camping Fridolin an. Die Begrüßung durch Albin war sehr freundlich und nachdem die Einweisung in den Platz beendet war besprach ich mit ihm die Bremsengeschichte. Während Albin Mittagspause machte, kümmerte ich mich um eine andere Aufgabe. Seit längerer Zeit war mir aufgefallen dass wir immer etwas Wasser, auf dem Boden im Wohnbereich, hatten und ich meinte das dies immer der Fall war wenn Frischwasser aufgefüllt wurde. Außerdem floss das überschüssige Wasser nicht über die Zierblende sondern irgendwie dahinter. Vermutlich war dies dass Problem. Die Zierblende war Ruck Zuck entfernt und morgen, sobald dahinter alles trocken war, wollte ich die Stelle neu abdichten. Des weiteren schaute ich gleich auch noch auf das Dach und reinigte die Solarmodule.
Nachdem ich Otto wieder zurück auf seinen Stellplatz gefahren hatte, schnappte ich mein Rad und fuhr noch kurz in die Stadt.
Zu einem musste die Reparatur und die Reifen in bar bezahlt werden und dazu wurde Bargeld benötigt und zum anderen hatte Ela mal wieder seit geraumer Zeit, Probleme mit ihrem Magen und benötigte Arzneimittel aus der Apotheke. Es klappte alles wie am Schnürchen und an einem Kiosk genehmigte ich mir noch ein Bierchen. Dabei kam ich mit zwei jungen Albanern ins Gespräch die mir von den Problemen in ihrem Land erzählten. Es ist schon sehr seltsam aber immer mehr bekam ich das Gefühl dass die Menschen in ihren Ländern, in denen sie lebten, immer unzufriedener wurden. Da spielte es auch keine Rolle um welches Land es sich drehte. Es war eigentlich immer das Gleiche. Die normal arbeitenden Menschen wussten langsam nicht mehr wie sie ihr Leben finanzieren sollten und die Reichen hatten Geld im absoluten Überfluss. Dies war jedoch nur eines der Probleme, es gab noch zig mehr.
Wieder bei Ela angekommen machten wir uns noch einen gemütlichen Nachmittag und ließen den Tag ausklingen.
Tag 11-12
Am nächsten Morgen nahm Albin zunächst ein anderes Fahrzeug unter seine Fittiche und nachdem dieses gerichtet war kam Otto dran. Alles lief wie am Schnürchen und in der Zeit während Albin die vier Bremsen richtete, brachte sein Sohn die alten Reifen mit Felgen zum Reifenhändler. Gerade als die Bremsen neu belegt waren kam auch schon der Sohn wieder und kurze Zeit später war Otto wieder fertig, dachte ich zumindest.
Als ich mit dem Otto aus der Werkstatt fahren wollte fiel mir auf dass dieser zwar bremste aber ich, wenn ich auf der Bremse blieb, das Pedal bis zum Bodenblech durchdrücken konnte. Ich monierte dieses und jetzt begann eine längere Zeit der Ungewissheit. Albin entlüftete die Bremsen um auszuschließen dass Luft in das System gekommen war. Testfahrt und wieder nicht befriedigend. So ging es eine Zeit lang hin und her bis wir für heute keine Lust mehr hatten. Albin versuchte seinen Neffen zu erreichen der scheinbar ein Bremsen Spezialist war, leider ohne Erfolg. So endete dieser Tag mit einer kleinen Enttäuschung und auch etwas Unsicherheit ob nicht noch ein weiteres Bauteil der Bremsanlage defekt war. Während dieser Zeit lernten wir einen Holländer kennen der die Asche seiner Frau zurück in die Türkei brachte und auf ihrer letzten Reise, an den schönen Stellen, einen kleinen Teil der Asche verstreute. Makaber aber auch irgendwie super rührend.
Am nächsten Morgen rief ich gleich mal bei unserem Partner Bernd Klein an und schilderte seinem Sohn Maximilian die Herausforderung. Dieser nannte mir ein paar Möglichkeiten für das Problem. Da Albin durch Park4Night und Mund zu Mund Propaganda in der Camper Szene sehr bekannt war befanden sich dementsprechend viele Fahrzeuge hier, die das Eine oder Andere zu reparieren hatten. So war noch kurz ein geiler Iveco 4WD von einem Paar aus dem Raum Waiblingen vor mir dran. Kurz darauf war auch der Neffe von Albin eingetroffen und Otto durfte wieder in die Werkstatt. Nach einigem hin und her, nochmaligem Bremsen entlüften kamen die Beiden dann zum Entschluss dass wohl ein Grad auf den Bremsscheiben dass Problem war. Das war auch einer der Hinweise von Maximilian gewesen. Als dies dann behoben war fühlten sich bei einer Testfahrt die Bremsen besser an und Albin meinte dass dies im Laufe der nächsten 100 Kilometer noch besser werden würde. Wir werden sehen.
Den Rest des Tages plauderten wir mit dem Paar aus dem Raum Waiblingen und gingen Abends nochmals richtig lecker Essen.
Tag 13
Nachdem wir uns von Albin, seiner Frau und den allen hier lebenden Tieren wie Hühner, Enten und vor allem von Bruno, dem Kangal Welpen, verabschiedet hatten ging es weiter nach Berat, der Stadt der tausend Fenster.
Bei unserem Frühstücks Stopp fiel uns auf dass sich hinten im Aufbau eine Menge Wasser auf dem Boden befand. Jetzt war klar dass die Abdichtung der Leiste nicht das Problem gewesen war sondern es musste was anderes sein. Auf jeden Fall musste ich mich jetzt dringend dem Problem annehmen denn das Wasser auf dem Boden war jetzt weit aus mehr als seither.
Da schon alles offen war beschloss ich auch gleich den Druckbehälter, den mir seinerseits der Verkäufer von Otto als Ersatzteil mitgegeben hatte, zu verbauen. Dieser hatte die Aufgabe den Wasserdruck im gesamten System konstanter zu halten. Seither war ich einfach zu faul dazu gewesen. Nachdem ich jetzt eine Bedarfsliste hatte stieg ich aufs Fahrrad und fuhr in einen Laden um einzukaufen. Ich bekam den Schlauch für die Wasser Zufuhr und einen Schlauch für das anflanschen des Druckbehälters sowie passende Schlauchschellen.
Wieder zurück machte ich mich an die Arbeit und der Befüll Schlauch war relativ schnell ersetzt. Als ich dann den Druckbehälter mit dem Schlauch anschließen wollte merkte ich dass der Schlauch nicht so richtig für mein Vorhaben geeignet war. Er hatte keinen Gewebe Anteil und es war einfach zu gefährlich diesen zu montieren. Wenn er platzte hatten wir wieder das ganze Wasser im Wohnmobil. Also ließ ich es bleiben, baute alles wieder zusammen und nahm mir vor bei Gelegenheit den Druckbehälter vollends in das System mit einzubauen.
Die Gelegenheit sollte sich dann gleich bei unserem anschließenden gemütlichen relaxen auf unseren Campingstühlen ergeben. Wieder einmal brach unter mir eine Schraube aus dem Gewinde des Stuhles heraus, das hatten wir schon einmal gehabt. Da ich heute keinen Bock mehr hatte dies zu reparieren nahm ich mir vor Morgen nochmals auf Shopping Tour zu gehen, passende Schrauben zu kaufen und dann auch gleich nach dem passenden Schlauch zu schauen. Für heute war es dann auch mal gut.
Tag 14
Neuer Tag neues Glück. Bevor wieder geschraubt wurde beschlossen Ela und ich zunächst das Städtchen Berat zu erkunden. Berat war UNESCO Welterbe und wurde auch die Stadt der tausend Fenster genannt. Unsere Fahrräder brachten uns die paar Meter in die Stadt und nachdem diese an ein Geländer angeschlossen waren ging es zu Fuß auf Erkundungstour.
Über die Gorica Brücke gelangten wir zunächst in das Gorica Viertel. Hier sah es wirklich anders aus als in den Ortschaften und Städten, die seither unseren Weg kreuzten. Bis jetzt waren diese nicht unbedingt sehenswert gewesen, dieses hier war einfach nur schön. Tolle alte Steinhäuser, enge verwinkelte Gassen und natürlich die berühmten Fenster.
So schlenderten wir dahin, kamen zur Orthodoxen Kirche Sankt Spiridon und besichtigten diese. Das Innere war wieder ganz anders als die katholischen Kirchen, die wir zur Genüge gesehen hatten. Wesentlich schlichter und trotzdem schön.